Mit dem Motorrad durch England in 1924; Teil 2 von 2.

Geschrieben 1924 vom Ersten Akademischen Club für Motorradsport, München.

Die Six-Days in Buxton

Einer Einladung des deutschen Konsuls in Liverpool konnten wir leider keine Folge leisten, da es höchste Zeit war, nach Buxton aufzubrechen, wo wir die berühmten englischen Six-Days Trial nicht versäumen wollten.

Buxton ist ein landschaftlich herrlich gelegenes Mineral- und Moorbad in Derbyshire, in seiner Lage vielleicht mit Oberhof zu vergleichen, doch findet sich Wald meist nur in den Tälern, die Berge sind kahl und mit dürrem Gras bestanden, Dies gibt dem Landschaftsbild einen eigenartigen Reiz. Aber auch auf den Straßenbau hat dieses Landschaftsbild seine Einflüsse gehabt. Während die Hauptverbindungsstraßen, die meist durch die Täler gehen, wie alle anderen geradezu ideal sind, ist der Wegebau - von Straßenbau ist gar nicht zu reden in den Bergen sehr vernachlässigt worden, da außer Viehherden da oben kaum jemand etwas zu suchen hat. Diese Wege sind schmal und so angelegt, wie sie gerade gebraucht wurden, ohne jede Rücksicht auf Steigungen und Bodenbeschaffenheit. Irgendeine Pflege haben diese Wege nicht, sie bestehen aus felsigem Untergrund und teilweise sogar Geröll.

In Geländeeinschnitten rieseln manchmal mehrere Meter breite und bis zu einem Fuß tiefe Bäche über den Weg. Und durch diese Gelände führte der Weg während der ersten vier Tage der Six Days. Man muß es der ACU lassen, sie hat es verstanden eine Prüfungsstrecke herauszufinden, die in wenigen Tagen ein Kraftrad mehr beansprucht, als der normale Verkehr in einigen Jahren. Zuerst mag man den Eindruck haben, daß manche der gestellten Anforderungen übertrieben sind, weil sie im normalen Verkehr nicht vorkommen, aber schließlich entscheidet der Enderfolg.

Für uns war der Eindruck der deutschen Maschinen und ihr Abschneiden von besonderem Interesse. Hier, wo wir uns im Kreise führender Sport- und Industrie Leute bewegten, konnten wir am besten Vergleiche ziehen und wir können ohne Übertreibung sagen, daß die deutschen Maschinen einen ein guten Eindruck hinterließen. Aber auch unsere deutschen Fahrer haben Persönlich den deutschen Sport gut vertreten und erfreuten sich bei Konkurrenten und Zuschauern großer Beliebtheit, was in England besonders viel sagen will, da der Engländer durchaus nicht so kritiklos allem Ausländischen gegenübersteht, wie es nur-allzu oft in Deutschland anzutreffen ist, man könnte eher das Gegenteil sagen.

Wenn das Gesamtresultat für die deutschen Maschinen nicht so günstig war, wie alle im Stillen gehofft hatten, so lag das zum Teil an ausgesprochenem Pech, zum Teil aber auch an mangelnden Erfahrungen über die englischen Wettbewerbsbedingungen. Von den beiden BMW Fahrern erwarb Schleicher die höchste Auszeichnung, die goldene Medaille, während sich sein Stallgenosse Roth mit der silbernen begangen mußte. Seine Strafpunkte erhielt er lediglich, weil er an einer Kontrolle zu, spät eintraf, nachdem er sich verfahren hatte. Auch Baron von Egloffstein konnte auf seiner Ernst Maschine die silberne Medaille holen, und auch er kann nur um die goldene, weil er in der Kurve bei einer starken Steigung abrutschte und mit den Füßen den Erdboden beruhte, was nach der Ausschreibung verboten war. Die beiden Mabeco-Seitenwagen-Maschine hatten gleiches Pech. Beide karambolierten mit den Einfassungsmauern, ohne daß die Fahrer Schaden nahmen, wobei besonders anerkannt wurde, daß die deutschen Fahrer sich in gefährlichen Situationen opferten, um andere Fahrer nicht zu gefährden. Wenn es auch zu, bedauern ist, daß zwei aussichtsreiche deutsche Bewerber ausschieden, so ist doch gerade durch diese Umstände das Ansehen des deutschen Sportsgeistes gehoben worden, Oberhaupt ist der - Eindruck, den die deutschen Fahrer hinterließen, ein ausgezeichneter gewesen. Besonderen Anklang fand, das ruhige Laufen der deutschen Maschinen auch noch am Ende der schweren Prüfung.

Durch die Einladung des Bürgermeisters und des Kurdirektors von Buxton war uns Gelegenheit gegeben, die ganzen Kur- und Badeanlagen zu besichtigen und in einer der zu einem Marmor Schwimmbad gefaßten warmen Mineralquellen ein, Bad zu nehmen, was sonst nur im Zusammenhänge mit der verordneten Kur möglich ist.

In englischen Kraftradfabriken Als ich am Freitag die Sechstage-Fahrer nach London auf den Weg begaben begleiteten wir sie ein Stück, um dann nach Birmingham und Wolverhampton abzubiegen, wo wir zur Besichtigung der Norton und Sunbeam Werke eingeladen waren. Beide Firmen gehören zwar nicht zu den größten, wohl aber zu den erfolgreichsten englischen Kraftradfabriken, die für ihre besonders hochwertigen Fabrikate bekannt sind. Norton widmet sich ausschließlich dem Kraftradbau die Sunbeam Werke, welche viel größer sind, in erster Linie dem Fahrradbau, Was wir hier sahen, war für uns eine Überraschung. In Deutschland wird so oft von den vorbildlichen Einrichtungen der englischen Fabriken gesprochen und darauf werden die angeblich billigen englischen Preise zurückgeführt. Wir wurden aber geradezu in Erstaunen gesetzt durch die verhältnismäßig einfache Fabrikation ohne organisierte Fließarbeit mit einfachen, aber zweckentsprechenden Mitteln. Komplizierte Werkzeugvorrichtungen oder gar Spezialmaschinen werden nur in den seltensten Fällen verwendet. Die einfache Revolverbank spielt die Hauptrolle. Für die englischen Fabriken ist das Wichtigste die gewissenhafte Kontrolle zwischen den einzelnen Arbeitsgängen. Wenn der Engländer mit seinen Spezialmaschinen bisher billiger fabrizieren konnte, so lag das in seinen längeren Erfahrungen. Die einzelnen Typen sind so ausgereift, daß Änderungen sich kaum notwendig machten. So konnte die Fabrikation immer in Fluß bleiben und darin dürften die großen Ersparnisse zu suchen sein. Nachdem sich aber im Laufe der letzten zwei Jahre auch in Deutschland eine gewisse Stetigkeit herausgebildet hat, und die Preise deutscher Maschinen soweit gefallen, daß sie mit den englischen durchaus konkurrenzfähig sind, ja in manchen besonderen Fällen sogar unter den englischen Preisen liegen. Das Einzige, worin der Engländer uns heute noch überlegen zu sein scheint, das sind seine Rennerfahrungen, die es ihm bisher gestatteten, tatsächlich die schnellsten Maschinen herauszubringen, Dies kommt aber gerade daher, daß die englische Industrie nicht gezwungen ist, sich in vielen kleinen Wettbewerben zu zersplittern, sondern mit Ruhe die Vorbereitungen für die wenigen großen Rennen der Saison treffen kann.

In Birmingham, dem eigentlichen Maschinenindustrie Zentrum, erregten unsere Maschinen ganz besonderes Aufsehen, was verständlich ist, wenn man bedenkt, daß mehr als ein Drittel sämtlicher englischer Krafträder in Birmingham und seiner näheren Umgebung gebaut werden. In der Corporation Street, die der Berliner Friedrichstraße entspricht, aber einen unvergleichlich dichteren Verkehr aufweist, war das Gedränge so, stark, daß ein Schutzmanns Aufgebot uns den Weg wieder freimachen mußte!

Auf dem Wege nach London Dicht hinter Birmingham hört das eigentliche Industriegebiet auf, Die Landschaft nimmt einen parkartigen Charakter an, Bald. kommen wir nach Stratford upon Avon, der kleinen historischen ,Stadt, welche neben Shakespeare und Harvad noch eine ganze Anzahl anderer Geistesgrößen Englands hervorgebracht hat. Der Eindruck, den das ltertümliche Städtchen macht, in dem viele Häuser noch aus dem 16te Jahrhundert und früher erhalten sind, wird verstärkt, wenn man direkt aus der Zwei Millionenstadt Birmingham kommt, Ebenso eindrucksvoll ist die alte Universitätsstadt Oxford, wo wir uns einen ganzen Tag aufhielten. Weit mehr als in deutschen Universitätsstädten, wird der ganze Charakter der Stadt von der Universität, die aus dem 7. Jahrhundert stammt, beeinflußt. Die einzelnen Colleges sind prachtvolle Bauwerke in Stilen aller Jahrhunderte, vom alten Romanischen bis zur Renaissance.

Ein Sonntag war es, an dem wir uns von Oxford über Windsor nach London begaben. Überall begegneten wir Automobilen und Krafträdern. Man hat den Eindruck, als ob ganz London einen solchen Tag benutzt, um aus der Steinhölle herauszukommen, ein Eindruck, den wir auch später bei unserer Fahrt durch London bestätigt fanden. Wenn auch der Kraftwagen im Verkehrsbild überwiegt, so ist doch im Verhältnis die Zahl der Krafträder viel größer als in Deutschland. Das Kraftrad dient keineswegs nur dem Erholungsuchenden oder dem Sportsmann, sondern auch dem Geschäftsmann. Wo irgendeine Ansammlung von Weekend Publikum ist, findet sich auch bald der fliegende Händler ein, der seinen Seitenwagen aufklappt und damit sein Geschäft eröffnete.

Dies wirkt sich für beide Teile vorteilhaft aus. Der Picknick Partie ist Gelegenheit gegeben Einkäufe zu machen, ebenso wie der Händler sich nur dort aufzuhalten braucht, wo er Geschäfte machen kann. Was ein solcher Sonntagnachmittags Verkehr für eine Straßenbelastung bedeutet, erfuhren wir erst richtig auf der etwa 30 m breiten neu angelegten Hauptstraße von Windsor nach London. Es waren nicht Tausende, sondern Zehntausende von , Fahrzeugen aller Marken und Jahrgänge, denen wir auf der etwa 30 km langen Strecke begegneten, und dieser Verkehr wickelt sich reibungslos ab ! Das langsamste Fahrzeug fährt am Straßenrande und das schnellste in der Mitte. Obwohl hier manchmal 5-6 Reihen in einer Richtung nebeneinander fahren, kann man ohne Gefahr ein Tempo von 80 km einhalten, weil jeder Fahrer seine Fahrbahn einhält und auf den Hintermann Rücksicht nimmt. Richtungsanzeiger findet man nur an den amerikanischen Wagen. Dagegen hat jedes Fahrzeug auch ohne polizeiliche Vorschrift einen Rückspiegel, so daß der Fahrer stets weiß, was hinter ihm kommt.

Merkt ein Fahrer daß jemand an ihm vorbei will, so gibt er dem Hintermann ein Zeichen, daß er sein Kommen bemerkt hat und es wird niemanden einfallen, einen Vordermann zu überholen, bevor er weiß, daß dieser sein Kommen bemerkt hat. Diese Verkehrsdisziplin, gegenseitige Rücksichtnahme, verhindert viele Unfälle, und ermöglicht eine glatte Abwicklung des Verkehrs auch ohne Polizisten bei großer Verkehr dichte. Hier ist der Kraftradfahrer entschieden im Vorteil, da er auch im beschränkten Raum noch Platz zur Durchfahrt findet und sein Kraftrad wegen des leichteren Gewichtes ein besseres Anzugsmoment hat.

Londoner Eindrücke

Im Zentrum von London war an diesem Sonntag nachmittag der Verkehr immer noch reichlich stark und wir hatten große Mühe zusammen zu bleiben, so daß wir zu der Ansicht kamen, es wäre eine unnötige Vorsicht gewesen, London am Sonntage zu passieren. Wir fuhren aber trotzdem durch bis an die Nordgrenze der Stadt, stellten dort unsere Motorräder ein, um uns am nächsten Tag die Stadt zu Fuß anzusehen Am Montag erst sahen wir wie richtig unsere Vorsicht gewesen war, denn in diesem Werktags Verkehr wäre es uns wahrscheinlich unmöglich gewesen, reibungslos hindurch zu kommen. Auch der Engländer benutzt in der Stadt ,das Kraftrad nur wenig, ohne Seitenwagen fast nie. Das Fahren mit Solomaschinen ist nicht nur eine Qual für den Fahrer, sondern eine ganz außerordentliche Beanspruchung der Maschinen, Motorkupplung und Bremsen. Nur selten kann man mit dem großen Gang fahren, ja oft ist man sogar genötigt, im kleinen Gang noch die Kupplung schleifen zu lassen. So versteht man erst, warum die Engländer in ihren Prüfungen, wie die Sechstage Fahrt Steigungen aussuchen, welche man zunächst als übertriebene Forderung bezeichnen könnte. Aber eine Maschine, die solche Steigungen nicht nehmen kann, und deren Bremsen auf solchen Steigungen rasch abgenutzt sind, werden auch im Stadtverkehr großer Städte, wie London, Birmingham, Manchester und Liverpool dauernd zu Störungen Anlaß geben und eine Gefahr für den Fahrer bedeuten.

Interessant war in London auch der Besuch der JAP Motoren Werke, die größten Motorradmotoren Erzeuger der Welt. Die Organisation dieser Fabrik, die, ebenfalls nicht auf Fließarbeiten im amerikanischen Sinne eingestellt ist, kann den Verhältnissen entsprechend als mustergültig bezeichnet werden. Da die Firma eine ganze Anzahl Typen baut, die teilweise untereinander gleiche Einzelteile besitzen, so hat man hier den gruppenweisen Bau mit einem ein Zwischenlager als den rentabelsten erkannt. Trotz einer Produktionsmöglichkeit von über 3000 Motoren im Monat, würde die Einrichtung für amerikanische Fließarbeit bei den verschiedenen Typen so teuer werden, daß sie sich nicht lohnt, Durch eine-genaue Zeitkontrolle in den einzelnen Gruppen, lassen sich aber fast alle 'Vorteile des Transportbandes erreichen. Die einzelnen Werkstück werden nicht nur während der einzelnen Arbeitsgänge genau kontrolliert, sondern nach ihrer Fertigstellung noch einmal einer Kontrolle. unterzogen, so daß die Montage nur noch ein Zusammensetzspiel ist.

London bot uns auch sonst noch so manches Interessante, worunter uns besonders die reibungslose Verkehrsabwicklung auffiel. Die Verkehrsdisziplin ist dort allen Straßenbenutzern in Fleisch und Blut übergegangen, und es wird vor allem keinem Fußgänger einfallen, sich, nicht nach der Verkehrsregelung zu richten und das schon im eigenen Interesse, weil er sonst unrettbar überfahren wurde. Trotzdem kann man aber bei einiger Aufmerksamkeit auch im dichten Verkehr die Straßen kreuzen, wenn man sich daran gewöhnt, aufzupassen und nicht hin und herzulaufen, weil der Kraftfahrer dann seine Fahrt danach richten kann. Die Verkehrsregelung wird dort nicht als eine Polizeizwangsmaßnahme empfunden, sondern als eine selbstverständliche Verkehrsnotwendigkeit und so hat auch der Verkehrspolizist den Verkehr ganz anders in der Hand, Ein kurzer Wink mit dem Finger genügt ihm, um sich verständlich zu machen. Verkehr wird auch nur dort geregelt, wo es unbedingt notwendig ist, der Polizist stellt seine Tätigkeit ein, wenn der Verkehr nicht eine entsprechende Stärke aufweist. Denn damit würde die Verkehrsregelung zu einer Groteske, der sich-niemand fügt, Die Straßenbahn ist aus dem Stadtinnern verschwunden und ungezählte Omnibusse zu den Hauptverkehrs Stunden in mehreren Reihen nebeneinander bewältigen den Verkehr. Im britischen Museum, wohl das kulturhistorisch bedeutendste Museum der Weit, fiel uns die große Zahl der aus Deutschland stammenden Gegenstände auf.

Zurück nach Grimsby

In den wenigen Tagen die uns London zur Verfügung standen, konnten wir nur einen ganz flüchtigen Eindruck gewinnen, und doch haben wir uns solange aufgehalten, daß wir genötigt waren, an einem Tage die 390 km nach Grimsby zurückzulegen, um unseren Dampfer noch rechtzeitig zu erreichen. Dabei nahmen wir uns aber trotzdem noch Zeit die älteste englische Universitätsstadt, Cambridge, einige Stunden zu durchstreifen. Auch hier machen die alten, ehrwürdigen Universitätsgebäude, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind, einen imposanten Eindruck, doch ist das Gesamtbild nicht so wie in. Oxford. Nur wenig Zeit blieb uns dann noch Lincoln mit Schloß und Kathedrale anzusehen, deren Anfänge, ebenso wie in Oxford, auf die alten Römer zurückzuführen sind.

In Grimsby kamen wir noch einmal mit den Herren des dortigen Motorradclubs zusammen, und gaben dem Vertreter des RAC unsere Lizenzen zurück. Die Ausreiseformalitäten wurden in ebenso entgegenkommender Weise wie die bei der Einreise behandelt. Um uns den langen Weg durch den Hafen zu sparen, kam der Zollbeamte zur Erledigung an Bord. Nach dem die Triptyques abgestempelt waren, war unser Aufenthalt in England auch formal zu Ende.

Der Gesamteindruck

Unsere deutschen Maschinen haben uns in den drei Wochen, wo wir auf englischem Boden über 3000 km zurücklegten, nicht ein einziges, Mal im Stich gelassen, und überall, wohin wir kamen haben wir damit Bewunderung erregt. Was wir auf englischen Landstraßen gesehen haben, hat uns gezeigt, welche Verwendungsmöglichkeiten es für das Kraftrad gibt, und vor allen Dingen, daß die Möglichkeiten bei uns in Deutschland noch lange nicht erschöpft sind. Es steht ganz außer Frage, daß für die Verbreitung des Kraftrads in Deutschland heute noch viel mehr Raum als in England ist. Der englische Markt ist im Läufe der letzten Jahre fast bis an die Grenze seiner Aufnahmefähigkeit beliefert worden, was schon deutlich aus der vielseitigen Verwendung des Kraftrades hervorgeht. Die Lebensdauer des Kraftrades ist in England viel höher als in Deutschland, was im übrigen auch für die Kraftwagen gilt. Dafür ist aber keinesfalls eine höhere Qualität des Fabrikates ausschlaggebend. Auf den guten Straßen ist die Beanspruchung der Maschinen und ganzen Fahrzeuges nicht annähernd so hoch als in Deutschland. Die staubfreie Luft fuhrt gar keinen Staub in Verbrennungsgase und die Lagerstellen, so daß die innere Abnutzung wesentlich geringer wird. Man kann sich diesen Unterschied der Straßen am besten vorstellen wenn wir erwähnen, daß wir während der ganzen Reise nicht, ein einziges Mal für nötig befunden haben, die Maschinen zu putzen, trotzdem wir verschiedentlich sogar im Regen fuhren. Dies ist auch ein gutes Zeichen für die Öldichtheit der Maschinen, Auf jeden Fall läßt sich nicht ohne weiteres sagen, daß eine englische Maschine eine größere Lebensdauer als eine andere habe.

Zum Vergleich müssen unbedingt auch die Arbeitsbedingungen herangezogen werden, Sicher gibt es in England eine große Anzahl Krafträder, die gegenüber den deutschen deutlich billig erscheinen, und die auf den englischen Straßen durchaus den an sie gestellten Anforderungen entsprechen. Aber das ist das Wesentliche, daß es in England auch Krafträder gibt, die im Preise sogar höher als die deutschen sind, Um sich ein Urteil zu bilden, darf man nicht allein den Preis, sondern man muß auch die Qualität zum Vergleich heranziehen und dabei schneiden die deutschen Räder keineswegs schlecht ab. Wir haben verschiedentlich englischen Konstrukteuren und Sportsleute Gelegenheit gegeben, auf unseren Maschinen zufahren und stets hörten wir nur lobende Urteile. Und wenn, die Preisfrage zur Sprache kam, so wurde immer gesagt, daß man solche Maschinen auch in England nicht billiger bauen könnte. In England wird heute ein großer Kampf um die Geräuschlosigkeit des Motorrades geführt, und gerade darin zeigen sich unsere Maschinen den englischen Durchschnittsmaschinen weit überlegen. Die Geräuschlosigkeit ist aber unbedingt auch ein Zeichen von hochwertiger Arbeit und damit verbundener langer Lebensdauer.

Wieder in der Heimat

Hamburg empfing uns mit seinem üblichen feuchten Nebelwetter, Durch die englischen Straßen waren wir auch nassem Asphalt gegen. über vertrauensselig geworden. Unser Vertrauen wurde aber schwer getäuscht. Da wir uns daran gewöhnt hatten, auf nassen Asphalt keine Rücksicht zu nehmen, rutschten und schleuderten unsere Maschinen derart, daß fast jeder erst einmal mit der Straße in nähere Berührung kam.

Da die Mehrzahl der Teilnehmer aus Süddeutschland stammte, wurde beschlossen, den ersten Teil der Heimreise gemeinschaftlich den Rhein entlang zu fuhren. Nun ging es quer durch die Lüneburger Heide-auf das Industriegebiet zu. Welcher Unterschied zwischen der schottischen und der deutschen Heidelandschaft. Dort nur -kahle Hügel, von Heidekraut und -kurzem Gras bestanden, hier dagegen Heidekraut Flächen mit Wacholderbüschen und sattgrünen, Kiefernwälder abwechselnd. Und die Hauptsache. Das unbeschränkte Gefühl der Freiheit, das wir in England zwischen Mauern und Hecken eingeschlossen - so oft vermissen mußten!

Getrübt wurde unsere Freude über die Schönheiten unserer Heimat durch die zwar malerischen aber herzlich schlechten Straßen. Es ist zu hoffen, daß in nächster Zeit sich diesen Verhältnisse wesentlich bessern werden, da wir an verschiedenen Stellen Wegebau Kolonnen bemerken konnten, die mit den modernsten Maschinen die Straßen erneuerten. Teilweise fuhren wir auch bereits auf derartigen neuen Straßen und das allgemeine Urteil fiel sehr zu ihren Gunsten aus. Nach vielen Umwegen, durch Straßensperrungen und Straßenumleitungen verursacht, erreichen wir das rheinisch-westfälische Industriegebiet, bei der Porta Westfalica. - Landschaftlich erschien uns auch dieses Gebiet sehr schön. Sein industrieller Charakter zeigt sich nur in der raschen Aufeinanderfolge von Städten und Arbeiterniederlassungen.

Als besonders merkwürdige empfanden wir die geringe Anzahl der Motorräder. Das scheint damit zusammenzuhängen, daß das Motorrad auf dem holprigen Kopfsteinpflaster der fast immer zusammenhängenden Industrieorte mit ihren schmalen Straßen all reines Geschäftsverkehrsmittel zunächst noch wenig Anklang gefunden hat. Eine Verbesserung der Hauptverkehrsstraßen müßte auch dort den Kraftradverkehr fördern und damit die landschaftlichen Schönheiten dieser Gegend, die noch viel zu wenig bekannt- sind, der Allgemeinheit erschließen. - In Düsseldorf erreichten wir den Rhein. Eine Rheinreise zu schreiben, ist wohl überflüssig, da wir Deutschen unseren Rhein ja genügend kennen. Aber gerade für uns,- die wir aus einem fremden Lande zurückkamen, war der Eindruck überwältigend. Die Straßen sind hier so verbessert, daß sie über große Strecken den englischen gleichkommen. Der weiteren Entwicklung sind auch bei uns die Wege geöffnet. Hoffen wir, daß hierdurch weiteren Volkskreisen die schöne deutscher Heimat erschlossen wird.


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